UNTERNEHMENSKULTUR & MITARBEITERBINDUNG
Mehr als fünfzig Prozent der CEOs sind der Meinung, dass die Unternehmenskultur die Produktivität, die Kreativität, die Rentabilität, den Unternehmenswert und die Wachstumsrate beeinflusst. Gleichzeitig zeigen aber aktuelle Statistiken, dass 55 Prozent der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz unglücklich und unzufrieden sind (CV-Library). Läuft da was schief?
Wie kann das sein, was sind die Ursachen, dass jeder zweite in der Organisation unglücklich ist? Hat er/sie den falschen Job oder gibt es noch weitere Aspekte? Auch hier braucht man nicht allzu lange in den Statistiken suchen. So sind laut smallbizgenius 63 Prozent der Mitarbeitenden, die sich von ihren Vorgesetzten respektvoll behandelt fühlen, mit ihrem Job zufriedener. Das sind doch bereits zwei wesentliche Punkte, über die es sich lohnt, etwas genauer nachzudenken. Zum einen die gelebte Unternehmenskultur und zum anderen der respektvolle Umgang im Miteinander.
Der Einfluss der Unternehmenskultur
Gerade in den letzten Jahren wurde in Organisationen und der Wirtschaft viel über Werte und Kultur gesprochen und geschrieben. Mit voller Begeisterung
sind viele Projekte in diese Richtung gestartet worden. Genauso schnell wurden sie dann aber meist auch wieder eingestellt oder sind im Sande verlaufen. Nämlich meist dann, als die Auftraggeber merkten, dass die Kultur etwas mit ihrem gelebten Verhalten zu tun hat. Deshalb zeigen die Statistiken nach wie vor Jahr für Jahr die gleichen Ergebnisse. Kultur und Werte können zwar auf dem Papier entwickelt werden, spätestens im Alltag zeigt sich, wieviel dies dann wert ist. Werden sie nicht gelebt, entsteht dann der Frust bei vielen Mitarbeitern.
Nichts ist wichtiger, wenn eine Kultur nachhaltig verändert werden soll, dass eine innere Veränderung bei allen Führungskräften stattfindet und ein echtes Bewusstsein für Kultur entsteht.
Denn durch das gleiche bisherige Verhaltenbleibt alles beim Alten – oder haben Sie schon mal versucht, neue Erlebnisse zu erzielen, ohne dass Sie Neues in Ihr Leben gelassen haben? Wenn alles gleichbleibt, bedeutet das Stillstand. Reine Lippenbekenntnis zum Kulturwandel spüren die Mitarbeiter
sehr schnell, wenn Unternehmensleitwerte sowie die sinnvolle Gestaltung von Prozessen nicht in die täglichen Entscheidungen mit einfließen. Damit
Veränderung bei der einzelnen Führungskraft entstehen kann, braucht es zuerst ein volles Commitment: „Ja, ich möchte diese Veränderung mitgestalten
und mittragen.“
Ohne dieses Commitment sind Menschen am Werk, die eventuell die neue Kultur, aus welchen Gründen auch immer, verhindern können. Meist möchten viele aus persönlicher Unsicherheit heraus alles beim Alten belassen. Es braucht Bereitschaft, Mut und Durchhaltevermögen, meint man doch als Führungskraft, keine Schwächen zeigen zu dürfen.
Kultur ist gelebtes Verhalten.
Raum und Zeit für persönliche Reflexion sind die Basis, denn Gewohnheiten lassen sich nicht von heute auf morgen verändern und jeder muss innerlich dort abgeholt werden, wo er aktuell steht. Ohne professionelle Begleitung in Form von Einzel- und Teamreflexionsrunden wird es nicht gehen. Ein weiterer essenzieller Erfolgsfaktor ist, dass in den Geschäftsleitungsmeetings, neben den alltäglichen Themen, unbedingt das Thema „Kulturveränderung“ genügend Raum findet, und zwar so, dass jeder in der Runde darüber spricht, wie es ihm damit gerade persönlich geht und welche Herausforderungen in den Teams sichtbar werden. Diese Dialog-Runden muss es auf jeder Ebene geben. Dies ist ungewohnt und wird häufig vernachlässigt. Redet man doch nicht so gerne über seine Gefühle und Schwächen. Auch hier gilt es, eine neue Dialogkultur zu entwickeln.
Dies erfordert einen gewissen Aufwand und auch Anstrengung, aber ohne dies kann ein Kulturwandel nicht erfolgreich stattfinden. Veränderung beginnt bei jedem Einzelnen. Die Umsetzung und Wege sind für jedes Unternehmen jedoch individuell, da in jedem Unternehmen andere Menschen arbeiten.
Weil es während des Prozesses immer wieder Phasen der Unsicherheit geben wird, ist das Motiv für die Kulturveränderung so wichtig. Es braucht eine klare, starke Vision/Idee, wie das neue Miteinander aussehen soll. Weshalb die Kultur verändert werden soll. Ist es nur, um Kosten zu reduzieren, den Umsatz zu steigern, oder weil man wirklich die Menschen als Menschen in der Organisation sehen will, um mit ihnen gemeinsam das Unternehmen nach vorne zu bringen. Je nachdem, wie das Motiv aussieht, hat man mehr oder weniger Kraft, diese Veränderung durchzustehen, andernfalls wird dann eben auch abgebrochen, wenn das falsche Motiv im Fokus steht.
Mitarbeiter möchten Teil einer gelebten Kultur sein, dann sind sie über alle Maßen motiviert, engagiert und bleiben dem Unternehmen auch lange treu. Jeder, der schon mal in solch einer Organisation gearbeitet hat oder aktuell arbeitet, weiß das. Es herrscht dort ein ganz besonderer Spirit. Aber der kommt nicht von allein. Solche Organisationen pflegen ein Menschenbild, das zum Ausdruck bringt: „Unsere Mitarbeiter sind unsere wertvollste Ressource und sie sind Menschen und keine Maschinen. Es wird auf allen Ebenen und in jeder Situation entsprechend respektvoll mit den Menschen umgegangen.“
Was bedeutet das?
Respekt kann auf verschiedenste Art und Weise erbracht werden und wenn wir hundert Menschen befragen, bekommen wir hundert verschiedene Antworten. Jeder versteht etwas anderes darunter, aber es gibt einen gemeinsamen Nenner:
„Behandle andere Menschen immer so, wie Du selbst behandelt werden möchtest.“
Daran schließt sich direkt der nächste Punkt an:
„Spreche über Menschen immer so, als ob diese im Raum anwesend wären und sage nur die Dinge, die du demjenigen auch in seiner Anwesenheit sagen würdest.“
Allein diese zwei Punkte verändern das Miteinander nachhaltig. Jeder kennt das Gefühl, einen Raum zu betreten, und auf einmal schweigen alle und man ahnt, dass gerade über einen gesprochen wurde.
Respekt bedeutet aber auch Interesse für sein Gegenüber zu haben, und zwar nicht nur für die Arbeitsergebnisse, sondern auch zu wissen, was den einzelnen Menschen bewegt und was ihn besonders auszeichnet. Manch einer legt das als persönliche Schwäche aus, aber wenn eine offene und gelebte Kultur entstehen soll, kann man nicht einen Teil des Menschen zuhause lassen. Bis zur Stempeluhr bin ich ganz Mensch und ab dann nur noch ein Funktionsträger. Das macht auf Dauer krank und frustet. Verbringen wir doch die meiste wache Zeit mit unserer Arbeit. Selbstverständlich ist das jedem selbst überlassen, wie und ob man sich gegenüber anderen Menschen öffnet. Aber auch hier Vorbild zu sein und den entsprechenden Rahmen zu geben, bewirkt bei den Mitarbeitern das Vertrauen, wenn mal „Not am Mann“ ist, sich Hilfe holen zu können oder einfach nur darüber zu sprechen, was einen bewegt. Natürlich ist gerade bei dem Thema Respekt und Wertschätzung jeder Mitarbeiter selbst stark gefordert, denn die Erfahrung zeigt, dass diejenigen,
die diese beiden Punkt am meisten bemängeln, sich selbst am wenigsten respektvoll und wertschätzend behandeln. Auch das sollte in einer neuen Kultur im Dialog angesprochen werden. Wenn Sie die Menschen in Ihrem Unternehmen näher kennenlernen oder bereits kennen, dann erfahren oder wissen Sie auch, was der Einzelne für seine erfüllende Lebensgestaltung und Lebensqualität benötigt. Es können entsprechende Arbeitszeitmodelle oder Entlohnungsmodelle gefunden werden, die die Arbeitgeberattraktivität, die Arbeitsplatzzufriedenheit steigern und eine Unternehmenskultur sichtbar und erlebbar machen. Jedes Unternehmen muss hier jedoch den eigenen Weg finden und kreativ werden. Es gibt aber heute schon Unternehmen, die Mitarbeitergremien miteinbeziehen, damit diese zum Beispiel das Thema „Entlohnungsstruktur“ mitgestalten. Wir werden in einer der nächsten Ausgaben darüber berichten.
Ein Aspekt ist am Ende noch wichtig, denn er schwingt unterschwellig bei der Entwicklung einer starken Unternehmenskultur immer mit. Götz Werner (Gründer von dm), der sich selbst als „Begriffsfetischist“ bezeichnet hat, sagt in seinem Buch „Mit Vertrauen führen“: „Wir sollten über das Wort „Personalkosten“ nachdenken – ob das der richtige Begriff ist. Wenn wir unsere Mitarbeiter als wertvollstes Gut betrachten und unser Unternehmen durch den Beitrag der Mitarbeiter die bisherigen Erfolge erzielen konnte und auch in Zukunft erbringen wird, ist dann der Begriff „Personalkosten“ wirklich das richtige Wort? Verbinden wir doch im buchhalterischen Sinne immer einen Kostenfaktor damit. Er steht auf der Seite der Ausgaben und in manchen Unternehmen behandeln wir die Menschen auch so. Tragen doch die Menschen neben dem Ideengeber – Inhaber oder Geschäftsführer entscheidend zum Unternehmenserfolg bei. Denken Sie einfach darüber nach …“ (tl)
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