Lebendiges Denken in der Praxis
Raus aus der Komfortzone durch die Wahl der Führungskräfte.
In Unternehmen menschelt es und das Festhalten an alten Gewohnheiten birgt so manche Herausforderung für die Leitungen. So auch bei der Alpha IC GmbH aus Bamberg (Impulsgeber im Real Estate Management). Aus diesem Grund war die Geschäftsleitung interessiert, einen innovativen Weg auszuprobieren, um alte Gewohnheiten auf den Kopf zu stellen. Man griff zu einer ungewöhnlichen und mutigen Idee. Allen Projektleitern des Unternehmens wurde die Möglichkeit geboten, sich ihre Führungskraft selbst auszuwählen, mit der sie zukünftig zusammenarbeiten wollten.
Die Hintergründe dieses spannenden Projektes, Erfahrungen sowie das Ergebnis schildert Geschäftsführer Richard Weller im Interview, das Sie per QR-Code abrufen können.
Das Unternehmen Alpha IC mit seinen insgesamt 59 Mitarbeitenden ist bekannt für integratives und selbstverantwortliches Arbeiten. Klassische Führungsstrukturen sucht man hier vergeblich. Partner, die als Coaches und Mentoren agieren, fordern und fördern hier ihre Mitarbeitenden, um deren persönliche Weiterentwicklung voranzutreiben. Gleichzeitig entwickeln sie sich selbst in ihrer Persönlichkeit weiter. Beide Seiten haben dabei nicht notwendiger-
weise fachliche Überschneidungspunkte. Zudem arbeiten sie in Projektteams übergreifend zusammen. Aus der Vergangenheit überwogen jedoch fachliche Gemeinsamkeiten zwischen Partnern und Mitarbeitenden, dass die Partner stark dazu neigten, mehr von fachlicher Seite her zu führen als über die menschliche Komponente.
Trotz dieser agilen Struktur hatte sich eine gewisse Bequemlichkeit bei den Mitarbeitenden und Partnern eingeschlichen. Letztere konnten aus Sicht der Geschäftsleitung ihre Rolle nicht vollumfänglich ausfüllen. Das sollte sich durch die Partnerwahl ändern.
Ablauf und Kriterien für die Wahl.
Die Alpha IC ist mit Standorten in Bamberg, Köln, München und Frankfurt in Deutschland vertreten. Die Kriterien, die in die Wahl einfließen sollten, wurden vom Management definiert und von den Mitarbeitenden im Rahmen eines sogenannten Zukunftsdialogs selbst gewichtet. Um ein reines Standortdenken oder Fachdisziplinendenken zu umgehen, sollte hier eine Durchmischung stattfinden. Außerdem sollte es verschiedene Reifegrade vom Junior Consultant bis zum Senior Project Manager in den jeweiligen Teams geben. Damit der Partner diese gut weiterentwickeln kann und für strategische Aufgabenstellungen sowie komplexe Projektthemen ausreichend Zeit zur Verfügung hat, wurde die Teamgröße auf drei bis fünf Mitarbeitende pro Partner begrenzt. All diese Komponenten flossen in ein Rechenmodell ein, das die optimale Zuordnung der Partner unterstützte. Wichtig war der Geschäftsführung hierbei, dass diese nicht final festgelegt war, sondern den Kollegen später die Möglichkeit gegeben wurde, ihren Partner auf Wunsch zu wechseln, sofern sie nicht zufrieden waren. (Details können Sie im vollständigen Interview hören).
Der Prozess bis zur Wahl.
Schrittweise wurde die Idee dann umgesetzt. Die Kommunikation und die Transparenz des Prozesses hatten einen hohen Stellenwert. Auch für Gespräche über Ängste und mögliche Bedenken, die auf allen Ebenen aufkamen, hatte man ausreichend Raum geschaffen. Während die interne Kommunikation stattfand, lief im Hintergrund bereits die Programmierung. Und das, obwohl bis kurz vor der Wahl noch nicht feststand, ob Ende 2020 der richtige Zeitpunkt für solch eine Wahl sein würde. Gemeinsam mit den Führungskräften wurde dann aber kurz vorher das „Go“ erteilt. Alles konnte wie geplant umgesetzt werden. Durch die zu diesem Zeitpunkt geltenden Einschränkungen aufgrund der Pandemiesituation fand alles virtuell statt, was eine weitere Hürde im Prozess darstellte. Aber man war ja schon fast zehn Monate geübt in virtuellen Veranstaltungen.
Geschäftsleitung
Sebastian Hölzlein, Richard Weller (v.l.n.r.)
Quelle: alpha IC GmbH
Kontakt
Alpha IC GmbH
Richard Weller
r.weller@alpha-ic.com
Der Wandel nach der Wahl.
Das Ergebnis der Wahl war für die gesamte Firma ein großer Schritt in die Zukunft, denn wie aus dem Feedback verschiedener Partner hervorging, war das Ziel der Geschäftsleitung zu einhundert Prozent aufgegangen. Nahezu kein Partner kann seither einzig aufgrund seiner fachlichen Expertise führen, sondern muss sich jetzt mit den einzelnen Menschen auseinandersetzen und auf das Wesen jeder Persönlichkeit eingehen. Dafür erhält er bei Bedarf in seiner eigenen Persönlichkeitsentwicklung das nötige Handwerkszeug. Der Sprung aus der Komfortzone brachte frischen Schwung in die Organisation und alle freuen sich auf die neuen Herausforderungen, die nun auf sie warten. Die Mitarbeitenden und damit die gesamte Organisation sind wieder lebendiger und beweglicher. Dies fördert die Zusammenarbeit und auch den Mut, Bestehendes zu verändern und neue Dinge anzupacken. Klar ist, dass dieser ungewöhnliche Weg nicht für jede Firma geeignet ist. Eine
gelebte Vertrauenskultur und eine gute Fehlerkultur sind wichtige Voraussetzungen. Die Mitarbeitenden müssen spüren, dass die Geschäftsführung es ernst meint und das Werteverständnis des Unternehmens in allen Entscheidungen vorgelebt wird. Solch eine Kultur benötigt Zeit und entwickelt sich nur langsam aber stetig, wenn man die notwendige Geduld aufbringt. Laut Richard Weller wäre die Firma vor zwei bis drei Jahren noch nicht für solch einen Prozess bereit gewesen.
Weiter braucht es Mut in der Geschäftsführung und ein klares Ziel sowie ein authentisches Motiv dahinter. Während des Prozesses ist es wichtig, achtsam in die Organisation hineinzuhören und Raum dafür zu geben, über Bedenken und Ängste sprechen zu können. Zudem sollte den Mitarbeitenden das Gefühl vermittelt werden, dass Ängste ernst genommen und gehört werden. Nicht zuletzt gestand man sich zu jedem Zeitpunkt ein, das Ganze zu stoppen und gegebenenfalls später wieder aufzugreifen.
In dem angehängten Videolink erläutert Richard Weller den ganzen Prozess und den Umgang mit den Ängsten der Kollegen sowie mit den Herausforderungen, die dieser Wandel für die Organisation bedeutet.
Was ist daran lebendiges Denken?
Die bisherige Struktur des Unternehmens wurde hinterfragt und auf eine gemeinsame Vision beziehungsweise ein gemeinsames Ziel neu ausgerichtet. Im Hier und Jetzt wurden die nächsten Schritte entschieden, immer an dem Ziel orientiert, das erreicht werden sollte. (tl)